Montag, 24. September 2007

Alte beim Heurigen

Wie einst im Mai! 

So schön konnte es sein, 
als wir noch glaubten, 
dass die Welt auf uns wartete,
direkt vor der Türe, 
und sie trug ein buntes Kleid 
aus Hoffnung und Versprechen, 
aus den noch nicht verlorenen Träumen 
und dem Frohsinn übermütig zusammengebastelt. 

 Wir waren so jung, 
wie es das heute nicht mehr gibt, 
weil man keine Zeit mehr lässt den Träumern, 
die nicht sofort alles haben wollen, 
alles an sich reißen, alles aufbrauchen, 
was an Schönem und Tiefem 
die Welt, die Liebe, das Leben 
uns langsam nur zu bieten bereit ist. 

 Dann sitzen wir heute draußen, 
irgendwo in einem Garten 
vor dem einen Glas, 
das uns noch gestattet, 
und wenn der Musiker kommt, 
die Geige und auch die Harmonika, 
erinnern wir uns, 
wie wir sie einst belächelten, 
die Alten, 
und wissen, das sind wir jetzt, 
und wir lassen die alten banalen Lieder 
durch uns sinken und wir summen mit….

Samstag, 8. September 2007

Mondängste

Die dunkle Brille bietet vagen Schutz. 

Wär besser wohl, wenn ich die Augen schlösse 
und hinterm zugezogenen Vorhang hocken bliebe.
 
Doch dieses Rauschen, diese Brandung aus Verlangen, 
nach Sturz und Flug, wie es in meinem Schädel schäumt, 
und durch die Glieder streckt die Gier, 
sie zittern macht, bis aus dem Munde, 
zum schräg gestelltem Maul zerrissen, 
die Qual hervor würgt sich im stummen Schrei.

Dann, durch das splitternde Gebälk der Türe 
bricht mein ungeheurer Leib 
in Deine lichte Herrlichkeit, 
Du bleicher Gott! 

Ich trinke Deinen Nebelhauch, 
der aus den schwarzen Büschen immer höher 
auf zu den Gipfeln steigt 
und Du mich hebst mit ihm aus Wald und Felsen,
aus der feuchten Nacht, 
zerfließend in die Moderträume 
der so sehr Gerechten 
in die Gewalt des nie gewesenen Seins

... aus dem ich fröstelnd in den Tag erwache, 
um seinem ungerührten Morgen 
schluchzend zu entfliehen.

Späte Begegnung

Lang sind und schwer die Gewänder, 

die die Alten noch tragen zum Kirchgang, 
zum Feste und Abschied von Toten. 

Auch die Mienen sind schwer und gezeichnet 
von lange getragener Bürde, 
der Last ihres mühsamen Lebens, 
dem zu entfliehen der Mut ihnen fehlte 
oder die Liebe ein Hoffen versprach, 
ein längst schon vergessenes Trugbild, 
das sie kaum je erhofften, 
und das nur mehr im Flackern der Kerzen 
am Grabe der andern sie manchmal berührt. 

Wenn dann ein faltiges Lächeln 
sich zeigt im Gesichte des Nächsten, 
das dem Erinnern nur gilt 
an jene versunkenen Tage, 
mag es geschehen, 
dass eine fast schon verdorrte Hand 
mit seltsamer Zartheit sich legt auf die Wange des andern, 
der vielleicht ein vergangener Schwarm 
oder auch mehr einst ihr war. 

Ein fast verschämtes „Weißt Du noch?“
klingt es so anders als das geflüsterte „Liebster“ von damals? 
Vorbei! und der schwere Fuß 
stolpert weiter und hinterher, als wäre 
die flüchtige Regung nimmer gewesen.