Dienstag, 9. Dezember 2008

Ablauf

Ich weiß, ich kann die Welt nicht umgestalten 

und könnte ich es auch, ich wollt' es nicht, 

drum bleibt die Welt, so wie sie ist, beim Alten:  

zwar täglich jüngster Tag, doch kein Gericht! 

 

 Die Zeit ist schlecht, das wird man nicht bestreiten, 

und das gilt ganz besonders für das Heut', 

wir können unser Leben nicht bereiten, 

das sich so bietet, wie es sich uns beut. 

 

 Stets gleiche Runden, gleiche alte Fiasken,

als wäre diese Welt ein Karussell, 

auf dem wir selbst sind jene bunten Masken, 

die nimmermüde treten auf der Stell. 

 

Dann stellt vielleicht der Ringelspielbesitzer 

ab die Musik und unser Drehen verhält. 

Doch keiner weiß warum, ob einen Witz er 

sich dabei denkt oder vergisst die Welt? 

 

Dann sind auch wir so ziemlich bald vergessen, 

es sitzen andre, wo wir früher saßen, 

die wie wir fluchen oder lieben, essen 

und träumen von dem Glück, das wir vergaßen. 

 

Dann ist auch das vorüber und vorbei,  

der Ton des alten Grammophons vergeht, 

und niemand fragt mehr, warum es so sei, 

dass jetzt auf allen Uhren Zero steht. 

 

Wie könnte dies auch zur Erregung führen, 

da solches sich nur gibt in Fleisch und Blut 

und leere Schatten einzig Leere spüren. 

Es wächst und reift das Nichts, wenn sich nichts tut.

Samstag, 22. November 2008

Unklare Resignation

Weißt du, dass die Frauen heute immer schöner werden und ihre Körper wohlgeformter?

So meint meine Frau!

Als ob ich es nicht mehr sehen könnte, nur weil ich nicht mehr den Erobererblick aufsetzen kann, ohne mich ein wenig lächerlich zu machen. Das heißt doch nicht, dass ich kein Mann mehr sei, oder zeigt sich dies Mannsein nur in der Regelmäßigkeit des Sexkonsums?

Dann spreche ich mit meiner Masseuse, die mir den Rücken bearbeitet und vorzugsweise meinen Trapezmuskel, und sie sagt, „nicht nur die Frauen, auch die Männer!“ und da bin ich ausgespielt, denn hier kann ich nicht mehr mithalten. Wie es schon Eugen Roth ausdrückte, vom Menschen im Familienbad, dessen Doktortitel ihn nicht vor den hämischen Blicken der sportlicheren jungen Generation schützt.

Was also soll es, dass sie, die Frauen immer schöner werden, wenn ich nicht zu den Nutznießern gehören darf, die sich an dieser Verschönerung erfreuen dürfen? Was heißt das schon, erfreuen? Spöttische Mäuler werden es gleich mit konsumieren identifizieren, doch wir wollen ja nicht so weit gehen, denn wenn meine Frau so etwas sagt, wie sie es gesagt hat, dann muss doch eine bestimmte Absicht dahinter stecken, oder?

Also was will sie, meine Angetraute, die mir von der wachsenden Schönheit der weiblichen Welt spricht?

Montag, 29. September 2008

Schattenspiel

Können Schatten brennen? 

Hasst es mein Schatten, wenn ich die Augen schließe? 
Wag' ich bei Tag mich ins Freie, 
hängt er sich an meine Sohlen, 
auch wenn ich mich nicht bewege, 
wandert er langsam mit Uhrzeigersinn, 
unsichtbar, sichtbar, immer um mich herum. 

 Einst saß ich im Park mit einem Wesen, 
von dem ich heute nichts mehr weiß, 
und damals wohl auch kaum etwas gewusst. 
Vor unseren Füßen lagen grinsend die Schatten. 
 Das Grinsen seh' ich noch immer, 
auch wenn ich heute allein unter der alten Platane hocke, 
um meinen Schatten von ihr zerdrücken zu lassen. 

Wenn aber zwei oder mehrere Schatten sich paaren, 
wird es dann schattiger, schwärzer? 
Gibt es schwärzer als schwarz? 
Bricht ein Licht auf von irgendwo, 
zuckt mein Schatten zurück, erschreckt, 
als wollte man ihn verbrennen, 
und er verkriecht, versteckt sich, 
verkriecht sich, versteckt sich in Winkeln 
oder wirft sich herum nach hinten, 
hinter die Widerstände, 
die Wurzeln und die Hinterseite des Lebens, 
das sich dem Licht entgegenstreckt, 
um hinter sich den Schatten zu wissen. 

Angst aber hat er, mein grinsender Schatten, 
dass dieses Spiel mit dem Licht 
nur verloren werden kann, 
denn wenn ich einmal, 
na ja, sagen wir verschwinden sollte, 
verschwindet auch er wohl, 
erstickt neben mir „6 Fuß unter der Erde“!

Mittwoch, 25. Juni 2008

Ängstliche Verwirrung

Schüttle nur deinen bedeutenden Kopf,
wenn das, was ich dir im Vertrauen zu flüstern gewagt,
nicht deiner Erwartung entspricht.

Hebe die schwere Hand,
den Daumen drehe nach unten,
dass die Hyänen gleich mich beheulen.

Wie sie stürzen auf mich
und den Flaum meiner Lippe beriechen,
den Spargelgeruch und der Achselhöhlen Katarrh.

Wie soll ich die Zeichen dir deuten,
da meinen pochenden Brustkorb die Trunkenheit weitet,
wie heißer Honig Gesang auf meinen Scheitel tropft.

Freilich bleibt mir die Mutter, die sanfte,
die mit dem Schürzenzipfel der Druiden magische Zeichen
von der Schicksalstafel abwischt.

Donnerstag, 19. Juni 2008

Frühlingsabschied

Adieu, du Frühling! 

Mach deinen letzten Schnaufer, 
bevor du auf ein Jahr zur Ruhe gehst. 
Verführ uns nicht zu leeren Wahngelüsten, d
enn niemand will mehr deinen Tau ver- 
kosten an deinen sehr imaginären Brüsten, 
was du nur allzu gut verstehst, 
da einst du dich von Seufzern der Poeten nährtest, 
von ihren Achs, dem Schmachten, den Karessen,  
die du den keuschen Jüngling, seiner Liebsten lehrtest. 

Du glaubtest an den Fortbestand des Dusels der Gefühle, 
doch lerntest unter Schmerzen du indessen, 
dass diese Zeit vorbei und nur die kühle 
Vernunft und die Berechnung in der Liebe gelten. 
So lass es gut sein und verdamm nicht diese Welten 
zu Pest und Schwefel oder Diarrhöe! 
Wenn du nicht aufpasst, wirst du dich erkälten 
im ersten Sommerregen. Hatschi! Schnell Adieu!

Dienstag, 13. Mai 2008

Sechzehn Zeilen

Da deinen Namen meine Lippe trug, 

den wundgeliebten und vermaledeiten, 
stieg mein Verlangen, dich zu mir geleiten 
und dich zu halten, wie den vollen Krug, 
 aus dem mir einmal deine Liebe floss, 
und mich mit blinden Gesten so umwog, 
dass sich mein Leib ergab in deinem Sog 
und deine Fülle sich auf mich ergoss.  

Die Erde ich, die deine Feuchte trank, 
Gewitter, Sturm und Himmel du, ja du, 
so jauchzten wir berauscht einander zu, 
bis sich der Zauber brach, die Lust versank 
 und unsre Blicke sich zur Seite wandten. 
Dann gingst du fort mit einem leisen Gruß, 
Wohin? Ich lauschte deinem leichten Fuß, 
der zögernd sich verlor im Unbekannten.

Dienstag, 15. April 2008

Der Pianist von nebenan, ein grauer Mann

der mit den Jahren schon geschrumpft und leicht verzogen,
und auch in seiner Haltung ziemlich untertan:
er spielte , was man ihm befahl und überdies ,
wenn eine leicht beschwipste Schöne ihm ein Glas

auf sein Piano stellte und ein Lächeln schenkte,
mit schweren Augenlidern in die Leere starrend,
Akkorde aus dem Vaterland von Smetana,
voll süßer Traurigkeit der fernen Moldauwellen.

Die Bar von nebenan war wie ein Ausgedinge
an das Casino angehängt, wo jede Nacht
die Reichen und die anderen ihrem Spieltrieb frönten,
sich um die Tische drängten, wo die Kugel rollte.

Sich selbst belügend, jagend nach Gewinn und Glück,
bis ihnen beide von der Kugel abgenommen
und sie ins Nebenan, die kleine Bar, sich schleppten,
wo freundlich sie das Moldauwellenklimpern grüßte.

Der Pianist, als er noch jung war und verwegen,
da zeigte er den Fräuleins seine schwarzen Locken
und ließ als Künstler sich bewundern am Klavier,
wenn er den Schmachtenden voll Schmalz die Moldau spielte.

Dann aber kam die Ehe und ein kleines Glück,
das viel zu schnell zerbrach. Die Locken wurden schütter,
aus dem Hotelpalast ins Nebenan, die Bar,
wo jeden Abend mehrmals er die Moldau spielte.

So auch in der Silvesternacht, wo ein Kassier
das ganze Geld des Sparvereins zuerst verspielte,
ins Nebenan dann ging, wo unser Pianist
gerade wieder seine Moldau sprudeln ließ.

Warum jedoch der Mann zuerst den Pianisten
und dann sich selbst, was leichter man verstehen könnte,
mit zwei Pistolenschüssen wortlos ausgelöscht,
weiß niemand näher und kann nur vermutet werden.

Ins Nebenan kam bald ein neuer Pianist
und mit ihm kam die Blaue Donau in die Bar.
Vorbei das Moldauklimpern, doch wie man so sagt,
es war zwar nicht sehr gut, doch kommt nichts Besseres nach!

Lamento eines älteren Herrn

Mittwoch, April 4, 2007

Mittwoch, 20. Februar 2008

Der Mensch geht vorbei

Und er geht, und er geht, 
und er geht solange vorbei 
an den herrlichen Dingen, 
die die Welt uns zu schenken, 
die Welt zu verschenken bereit ist, 
wenn du, Mensch, nur willst!

Aber der Rabe des Unheils, 
des Unheils Rabe, 
sitzt auf der Schulter des alten Bornierten, 
der immer noch glaubt, 
dass das Leben von ihm kommt 
und seinem Samen, 
den er der fleißigen Göttin in Hülle gespendet, 
in Hülle gespendet.

Suchst du den Schein, die trügende Hoffnung? 
Fragst du die Tiere, den tierischen Ernst, 
denn sie können nicht lachen, 
die Tiere, die Tiere, die Tiere, 
denn wenn sie lachten, 
was wäre das wohl, 
wie wenn wir wagten, den Blick , 
einen winzigen Blick, 
in uns selber zu werfen, 

um dort den hungrigen Fresser zu finden, 
den Vielfraß, den Eklen, 
der sich so stolz auf sein Menschsein beruft 
und die Tiere, 
die traurigen Tiere, 
verschämt in die Schlachthäuser schickt, 
sie verwandelt zu Wurst oder Braten 
oder auch Brei für die liebliche Katze, 
dem herzigen Hund aus der Konserve serviert.

Was also will der Rabe, 
der auf der Schulter des schweigsamen Alten 
so gerne verweilt und dort kreischt,
mit Exkret seinen Träger verächtlich beschmiert?

Sagen will er, uns sagen, 
dass wir vergessen, wozu wir geboren, 
dass wir vergessen, was einmal bewusst vielleicht 
in nun verrotteten Schädeln der vor uns Verstorbenen, 
wenn auch als vage Idee, zu existieren gewagt: 
dass wir geschaffen, 
dass wir als Träger gedacht einer Sendung, 
die wir vergessen, 
täglich vergessen, 
immer vergessen, 
Vergessen, 
und er schreit sein Gekrächze 
und schlägt seine Flügel, 

der Rabe des Unheils.








Freitag, 11. Januar 2008

Ende

Verlier dich in Alleen der letzten Bäume,
die leeren Wege führen in das Nichts.
Mit Dunkelheiten füllen sich die Träume,
erlöschen mit der letzten Spur des Lichts.

Allein bist du, kein Abgrund tut sich auf,
kein jäher Anstieg ladet dich zur Flucht.
In sich gefaltet stocken die Gedanken.
An deines Hirnes Ufer prallt mit Wucht

der Unrat vieler Tage, der verdorben,
wie Fleisch zu Aas verwandelt im Verfall.
Du fühlst vom Lebenswahn dich noch umworben,
doch fern schon bist du seinem süßen Schall.

Dann ist die Welt vorbei, die Zeit nicht mehr,
die Hand verhält, der Fuß trägt keine Regung
und alle Fragen bleiben antwortleer.
Die Stille schweigt. Zur Ruhe wächst Bewegung.