Freitag, 6. Januar 2012

Es jammern die Alten

Glaubst Du denn nicht, dass Dein wehleidig Klagen
den anderen oft auf die Nerven geht,
es sei denn, sie dürfen von sich selber sagen,
wie es um ihre eigenen Wehwehchen steht!

So wird ein Gespräch unter Greisen geschickt
auf dies Thema gebracht, und in dessen Verlauf,
auch wenn oft der eine schon längst eingenickt,
der andere doch nicht zu jammern hört auf.

Nur eines scheint wichtig in solcher Debatte
– welch hochtrabend Wort, wie klug, wie gescheit -
dass ein jeder glaubt, dass sie ihm gestatte,
aller Welt zu verkünden, wie einzig sein Leid.

Dies ist ein Zweikampf, in dem jeder siegt,
weil doch nur er selbst sich zum Sieger erklärt,
und sich überzeugt in Zufriedenheit wiegt,
wenn der Sack seiner Klagen erfolgreich entleert.

Drum lasst uns doch unsere Jammerkonzerte,
die erleichtern das Leben ein wenig uns Alten,
da alles, was man wie man jung war begehrte,
uns jetzt, da wir alt sind, wird vorenthalten.

Dies Plappern ist unsere Heiltherapie,
die wir lustvoll verfolgen, sobald wir zu zweit:
wir jammern und klagen und irgendwie
vertreiben wir so unsre Einsamkeit.