Montag, 21. Mai 2007

Schlafstörung


Wenn die Nacht um mich knackst
oder summt und der Tinnitus pfeift,
halt ich die Lider geschlossen
und steige ins Träumen.

Pfeif nicht so laut!
Das Pochen hinter dem Brustbein:
Bumh, brrrumpum, brubbrubbrub!
Sollte zur anderen Seite mich drehen.

Wie ich schnaufe.
Hinter einem Wagen,
einem winzigen mit lachenden Spöttern,
laufe ich her,
keuche und springe.
Sprünge,
die sich von den Sohlen
ablösen.

Höher,
aber ich stoße schon an,
denn der unendliche
gewölbte Himmel
ist so tief.
Mit meinen blutigen Nägeln
kratz ich den Kalk
aus seinen Fugen,
suche seine Türe,
die Luke, ein Fenster
einzudringen
hinter diese Himmelswand,
unter der ich sticke,
ersticke ,
ersticke..

bis der Tinnitus
die Pause läutet
und die Nacht wieder um mich knackst.

Donnerstag, 17. Mai 2007

Rückenmassage

Wenn du an Liebe denkst, vergiss das Alter, 

das Reife bringt vielleicht, doch stets Verfall! 
Was du für Würde hältst, ist nur ein kalter 
Verzicht, ist Klagen ohne Widerhall. 

Die warme Hand, gelegt auf meine Haut, 
aus alten Träumen weckt sie Phantasie, 
doch dort, wo damals Gier mein Blut gestaut, 
erblüht jetzt welke Lust zu Poesie.

Grausliche Mitternacht

Hufschlag und Fluchen und der Schrei einer Magd 

in der Scheune geschändet zum wirren Gelächter. 
Wer jetzt noch ins Dunkle zu spähen sich wagt, 
wird gnadenlos Opfer der grimmigen Schlächter, 
dem die nächtlichen Schemen die Adern zerfleischen, 
wenn die hungernden Rudel der heulenden Hunde 
ihren Anteil am blutigen Mahle erheischen 
von Hexern und Teufeln zur Mitternachtsstunde. 

Behänge die Balken mit Knoblauchzöpfen. 
Mit Weihwasser musst du die Türen besprengen, 
wenn ums Haus tobt die Hatz der Gespenstergeschöpfe, 
die mit flackernden Fackeln zum Eingang sich drängen. 
Halt die Ohren dir zu , schließ fest deine Augen, 
hinter den Ofen verkriech dich zum Beten. 
Das Weihwasser trocknet, dein Hirnblut saugen 
mit Schmatzen die Gäste, eh' sie dich zertreten.

Weihnachtsskizze

Wenn du aufschaust, einen Augenblick nur unterbrichst 

deine Hast, kannst du vielleicht das Christkind sehen 
oder den Weihnachtsmann, die sich ganz schnell 
hinter der Türe verstecken. 
Dann findest du einmal ein langes seidenes Haar, 
 das du auf den Weihnachtsbaum hängst, 
oder auch eine struppige Borste, 
die dem weißen Bart des Weihnachtsmannes entfiel. 

 Selbst aber wenn du zu langsam bist bei diesem Spiel 
 und nur noch den Geruch von Zimt oder Anis 
an deiner Nase vorbeiziehen spürst, kannst du 
ans Fenster treten und in die Nacht hinausblicken, 
die für dich einen Lichterbaum aufgestellt hat, 
ganz ohne dein Zutun. Streck deine Hand hinaus, 
aber sei vorsichtig, denn kalt weht der Wind herein. 
Vielleicht fällt dir eine kleine Flocke auf den Handrücken, 
dass du zurückzuckst, sie an deine Lippen führst 
und sie spürst wie den zarten Kuss der Mutter in deiner Kindheit.

Blinde Begegnung



Papier?
dachte die Tasthand.
Gehobene Brauen und magere Wangen
als Rahmen für emsigen Lippenton.

Papier!
Glatt, vielleicht glänzend,
dachte er hinter der schwarzen Brille,
die das Licht , das Licht? fernhielt
von seinen erloschenen Augen.

Papier,
das einmal Baum war,
anderswo.
Könnte dienen als Serviette,
auch, Lächeln, intimer,
oder zum Fidibus.

Papier
fiel zu Boden,
zertreten und ungelesen
unsterblich gedachte Verse.

verbrannte mir das Hirn der Siebenstern

Der rote Hass hat mich ins Licht geschleust, 

wie ausgestoßen vom Gesetze. 
Ich weiß nicht mehr, wann dies geschah, 
doch als ich brüllend stürmte durch den dunklen Gang, 
zerriss den schwarzen Wandbehang, 
da fand ich nur die leeren Netze, 
die nichts mehr wussten von dem Fang.
 
Auf Schollen war ich einst getrieben, 
das Eismeer stahl mir meine Sicht 
und fror den Wein in meinen Schläuchen. 
 Vom Himmel stieg das Nordlicht nieder, 
verbrannte mir das Hirn der Siebenstern 
und hieß mich schweigen. 

Ich träumte Karst und Hitze, vom Schwarz der Feigen, 
wie deren Fleisch, blutrot und süß, 
 vergor in aufgeblähten Bäuchen. 
 Dann hob mich eine Hand heraus, 
wie alle Wirrnis floss zurück ins Sein, ins Meer?
 Da wogten Flügelschemen im Applaus. 
Die Stimme sagte: Komm nach Haus!
und alles war wie immer, wüst und leer.

Zwischenzeit

Wenn die gefleckten Vögel sich den Himmel greifen, 

auf Flammenflügeln tanzen ihren Schaukelschwung, 
 den Abgrund wissen, doch den Horizont nur streifen, 
um sich zu wiegen in der frühen Dämmerung, 
 dann klagt von Abschiedsweh bisweilen eine Weise, 
 die nur sich selbst erhört als Widerhall 
und sanft Erinnern an die frühe, lange Reise, 
die aus dem Nichts entführte in das Überall. 

Fast ist der Abend schon hereingedrungen, 
der Hain belauscht sein eigenes Geraune, 
durch das betörend süße Saitenspiele sind erklungen 
und sich ermüdet strecken satte Faune. 
 Sie lüften ihren Fleischberg, der sie zur Begattung 
der ewig wiederholten, immer neuen drängt. 
Schnell schwindet mit dem Tageslichte die Ermattung, 
wenn Gier der Abendwind in ihre Nüstern hängt. 
 Streicht durch die Vogelbeerensträuche 
spät ein Gast, der nichts mehr weiß von alter Zauber Wirken, 
kann es geschehen, dass die Nacht ihn fasst 
und er im Schlafe trinkt den Wurzelsaft der Birken.

Wenn auch das Schöne

Wenn auch das Schöne nicht bleibt, 

abfällt, verdorrt wie die Früchte des wilden Feigenbaumes, 
der seine Süße dem sanften Wehen des Windes zaghaft verschenkt, 
findet noch spät, wenn das Alter schon seine Gerbfinger auf die Haut legte, 
noch Ebenmaß das liebende Auge, und zur Liebkosung hebt sich die Hand.

Vorbei


Bei dir hab ich mich wie daheim gefühlt.
Was heißt das schon: gefühlt – daheim - bei dir?
Wenn die Begierde einmal abgekühlt,
hebt Unruh oder Gleichmut das Visier.

Erinnerst du dich noch der ersten Stunden,
die wir verwirrt zerredet und verdeutet,
denn unser Wort war, unser Sinn gebunden;
wir fühlten edel uns - und ausgebeutet.

Dann jene Zeit, in der wir alles hatten,
wovon wir einst geträumt, doch nie geglaubt,
dass wir so bald am Glücke uns ermatten
und unser reines Liebeslicht verstaubt.

So wurden aus den Lenden Schenkel wieder,
und Beine, die einst Fingerkuppen reizten,
zu Gehwerkzeugen: ganz banale Glieder,
die einst sich nicht nur aus Routine spreizten.

Am Sonntag lagen wir im Bett und dachten,
ob wohl der große Rausch vorüber sei?
Das war's, was nun? so meint ich und wir lachten
und lebten weiter, als wär nichts dabei.


Wanderer

Hätte nur Hass mich aus mir selber löschen können, 

mich fortgetrieben, ausgestoßen und gejagt 
in Wüsten und in wilde Steppen. 
Ich suche nicht mehr nach Vergessen. 
Selbst auf der Scholle, die im Eismeer trieb 
– blau schrie der Himmel über schwarzen Wasseröden - 
schlug mir ins Ohr zurück allein mein trockenes Schluchzen, 
dem niemand je gelauscht.
 
In Bergen trug ein Echo fremden Laut, 
doch blieb es mir versagt, den Dingen 
selbst es nur zu sagen und zu reden, 
als sei ich da, als sei mein trüber Schatten 
auch nur das kleinste Leben.
 
Ach, wenn mich nur zum Tode, zum ersehnten, 
ein blinder Pöbel schleppen wollte, 
für den ich nichts bedeute, 
sich zu erheitern mich zum Kniefall stöße 
aufs Schafott! 

Wie gern ergötzt ich diese blanke Menge 
mit rotem Blute und mit Lustgeröchel, 
das noch aus den zerrissenen Lippen strömen sollte, 
wenn ich es sagen dürfte, einmal nur als Schrei, 
bevor mein Schädelball im trockenen Staube rollte, 
ich nur bekennen dürfte: 

Den ich verriet – Er war ein Gott! 
Doch bin zum Leben ich verdammt. 
Ich wandere, ein ew’ger Schatten, 
ich, der verdammte, 
Ich Judas Ischariot!

Rotgeglühter Hunger

Rotgeglühter Hunger und versteppter Acker
scheuchte der Lokusten Schwarm,
indes die Beuge eines braungegerbten Knies
dem sandgeschabten Gotte ihre Feuchte bot.

Letzte Labung an der Tränke der Oase
ward dem Lamme, das im Feuer
nachts am Spieße köstlich duftend
sich zur Nahrung wandeln sollte…

Einfaches Volk

Rauchender Schlund an der Lagune. 

Träume sind anderswo. 
Wundgeschundene Stunden. 
Sonntags Bingo und Ball. 
 Fett oder Kleie? 
Bestickt stramme Leisten, 
gebraucht die beengende Haut 
Schleier? 
 Gerafft und gewürgt die hüpfenden Backen. 
Ein wohltemperiertes Grinsen für den teuren Schlüpfer.

Ablöse

Sie waren beide jung. 

Im Hass und Gleichmut der Umgebung so erfahren, 
dass sie sich selber nicht mehr mochten. 
Bis die Begegnung ihnen wie mit Seidentuch, 
sein Blick auf sie, ihr Blick auf ihn, 
all das Gewusste aus gequälten Mienen aufsog.
 
 Er griff nach ihren Händen oder war es sie, 
das ließ sich später nicht mehr klären, 
zu einem weiten Gang durch das Geschrei der Stadt. 
Sie hörten nicht die Unmutsrufe, das Verkäuferlocken, 
als dann ihr Gang ein Laufen, Springen, Tanzen wurde 
zur Musik, die nur in ihnen war und die sie trug 
 hin zu der Brücke, die den Wildbach überwölbte. 

Ein Lachen, glücklich wie ein Jauchzen klang 
der Schrei, mit dem sie in die Fluten stürzten, 
die ihre ineinander sich umklammernd Leiber 
noch lange, lange mit sich trugen, 
bis sie das Meer befreite.

Aha!

wie ich schon gestern bemerkte,
oder war’s heute vielleicht?

ist in der Poesie
scheinbar vorhanden, was
tatsächlich nicht existiert.

Koch doch den giftigen Waldpilz
und bereite ein Mahl;
nachher betrachte die Gäste
schwindlig zu Boden sinken,
taumelnd den Dichter versohlen.

Wie züchtig war man anno dazumal

Er hat bestimmt es auf mich abgesehen, 

 auch wenn er nein sagt und es stets bestreitet. 
Doch kann ich ihn jetzt nicht mehr übergehen, 
 so spiele ich die Unschuld, zartbesaitet. 

 Wie kann der Tolpatsch nur von sich behaupten, 
 er sei nach alter Schule Kavalier! 
 Er glaubt sogar, mir machten die verstaubten 
 und dummen Komplimente noch Plaisir. 

Lässt Rosen oder andre Blumen kommen, 
ich lächle, das macht mir schon nichts mehr aus. 
Ist doch mein Jungfernkränzchen fortgeschwommen, 
drum ließ ich gern ihn jetzt zu mir ins Haus!

Sing süßer Vogel

Sing, sing, süßer Vogel, sing, 

denn die Nacht ist nah. 
Vielleicht ruft dein Lied für mich, 
für uns alle, die wir hoffen auf jenes, 
das wohl nie verbleiben würde, 
selbst wenn es einmal sich fände 
und hinabstiege in die Pulse der Sehnsucht, 
deren Schlagen sich erhöbe zu einem Lustschrei 
und dann sich für immer verlöre. 
Noch einen kleinen Akkord 
sing süßer Vogel, 
dann flieh in die Nacht,
die uns gnädig sei.



Kochkunst und Eheleben

Warten, dass die Suppe kocht, 

indes Madame, mein Eheweib, 
sich ihre frisch gewaschnen Haare trocknet. 
Gemüse frisch und voll an Vitaminen, 
„das, und nicht Fleisch, sollst du bereiten, 
für dich und auch für mich der wahre Segen...“ 

Ich hocke in der Küche und das Wasser brodelt, 
der Duft nach Porree und nach Sellerie 
beginnt mich zu umschmeicheln. 
„Du hast doch die Zucchini nicht vergessen?“ 
kommt aus dem Nebenraume meines Weibes Stimme.
 
Nein, nein, und auch Kohlrabi hab ich beigefügt, 
Gemüse, das du noch nicht kennst, 
und alles dünstet sich im Topf zusammen 
zum köstlichen Gemüsemahl. 
 Und ich verschwieg es weise, 
dass ich mit Maggi würzte, 
da doch Naturgeschmack und Bios ward gefordert!

 „Weil du so duldsam warst, 
darfst du nun zu den Wurzeln 
der Petersilie und Karotten 
auch frischen Bauernschinken uns servieren, 
und dann, wie jeden Abend, 
dein Doppelgläschen Rotwein!“
 
 Ach, wie ist glücklich so ein Pensionist, 
wenn er sein Glück an seiner Kochkunst misst 
und sein Gemüse mit der lieben Gattin isst!

Sättigung

wäre der Anfang auch nur seiner Süße beraubt 

und mit der Trauer belegt, die sich zum Ende gesellt, 
wie könnte das Leben sich je vom Bekannten lösen 
und zur Begeisterung schwellen jene Sattheit des Fühlens, 
die auf den Lippen das brandige Salz des Vergangenen 
 und im Auge zurücklässt der Beschämung erlösende Träne. 
Stimme und Sang ohne Echo im welkenden Duft 
nie noch erblühter Blumen. Schattenlos reift nur das Licht.

Abkehr

Geschlagen, verdammt in Hinterhöfen des Lebens 

 ein Dasein zu fristen, in dem selbst sein eigener Name 
ihn nur mit Erschrecken mehr füllt. 
Gespenstig gleitet der Schatten die Wände entlang, 
verfängt sich in Spinnwebennetzen leimiger Haftung 
zur modrigen Tarantella. 

Wie konnten die einstigen Träume so früh ihn verlassen, 
Gazellen und Lilien, die seine Brust bewohnten, 
wo Elefanten behäbig und langsam jetzt schreiten? 
Wohin sind verschwunden der Schmerz und das Frösteln der Gier, 
wenn am Abend Frau Nacht die Gewänder anhebt und abstreift, 
um mit spitzer Zehe die Frische des Meeres zu proben?

Er, der alles gesehen, gewollt oder nicht, 
schluckt die verbrennenden Worte und spült 
aus dem Schlunde die ätzigen Flüche am Morgen.

Sandstrahlgebläse der Zeit

Weg weht der Wind meine Jahre zu Staub. 

Vorgeneigt gegen das Licht 
 um seinen Ansturm zu tragen, 
taub der Begegnung, wend ich mich nicht, 

wenn mir die Sicht auch aus dem Auge gerissen. 
Schreite mit Tastgebärden, 
trag noch ein Wissen vielleicht, 
das von dem Winde vergessen. 

Sieh, wie mein Fuß schon versinkt, 
auflöst der Weg sich im Licht. 
Schatten mich nicht mehr erreicht, 
und die Orkane versterben.

Hosenstudie

Die Oberhose, 

von der Unterhose her gesehen, 
ist fast ein Usurpator, 
der jener nur ein wenig Luft 
und selten Licht gewährt. 

Doch gibt es Stunden, Nächte meistens, 
wo beide friedlich schlummern, 
im Wäschekorb die eine träumt,
indes die andere, 
ausgeleert auf einer Sesellehne hängend, 
versucht, die frische Haltung und die Bügelfalte 
aus sich selbst und dem Erinnern 
wieder herzustellen. 

Die erstere aber, die den Duft des Körpers, 
manchmal auch ein Tröpfchen von Urin 
durch einen Tag hindurch gesammelt, 
denkt fast ein wenig traurig, dass sie bald 
in einer Waschmaschine 
von beiden wieder losgetrennt 
und dann vom heißen Bügeleisen 
zurück in eine glatte Form 
sich pressen lassen wird, 
um wieder einen andren Tag erneut 
und nicht sehr willig sich der Überdeckung 
durch die Oberhose auszusetzen, 

Denn jene Oberhose ist nun einmal 
so beschaffen, dass sie sich selbst als Hose nur 
erkennt und nicht das „ober“ braucht, 
um ihre Existenz im Worte zu begründen, 
dieweilen jene arme Unterhose, 
das „unter“ zur Bestätigung 
der unterjochten Eigenexistenz 
wohl essentiell benötigt. 

Da aber jenes Denken, 
das eigen ist dem Träger beider Hosen, 
die klare Trennung im dualen Sinne postuliert, 
manichäisch unterscheidet zwischen 
innen-außen, wie auch dem unter jeweils 
steht ein ober gegenüber, wobei das ober aber 
immer über einem unter wird bewertet, 
kann man als Freundlichkeit der Oberhose
es verstehen, dass diese auf ihr Präfix 
hat verzichtet, und so erscheint es zumutbar, 
dass sich die Unterhose resigniert 
dem ihr bestimmten Schicksal und der (Ober)Hose unterwerfe!

Dienstag, 15. Mai 2007

Klagenfurt, Neuer Platz, Mai 2007

Jetzt haben sie dich aufgerissen. 

Mit schweren gelben Ungeheuern 
kratzen sie den Grund, 
der immer tiefer sich um deine Mitte breitet.
 
Die Autos, die dich sonst den ganzen Tag umrunden, 
sie bleiben fern, durch bunte Zeichen abgehalten, 
wenn sie nicht Taxis oder Autobusse sind. 

Die alten Bäume wurden ausgegraben. 
Sie verschwanden,  
bevor die Menge noch ein Lebewohl gesungen, 
doch in die tiefen Furchen, die die Bagger ziehen, 
 werden in Doppelreihen bald Platanen eingepflanzt. 

Auch, wie es scheint, wird dann die weite Fläche 
mit Fliesenziegeln abgedeckt oder dergleichen. 

 Das lärmt und schreit den ganzen Tag 
und schreckt die Menge weg, 
die sich in anderen Quartieren ihren Kaufbedarf, 
Kaffeehausklatsch und Rendezvous zu sichern weiß.

Wenn dann nach Arbeitsabschluss balzend stolz 
mit Festgrimasse der Herr Bürgermeister 
deine neue Schönheit preisen wird, 
die Stadtverwaltung und sich selbst mit Lob beträufelnd, 
den Bürger nicht, 
der unbefragt dafür mit Steuern zahlte, 
dann kehrt zurück zu dir, mein lieber neuer Neuer Platz, 
 das alte Leben voller Autos, Lärm und CO2.

Sonntag, 13. Mai 2007

Klagenfurt, Neuer Platz, Jänner 2007

Der weite Platz, auf dem die alte Steinskulptur 

 nicht mehr erschrecken will, 
da selbst des Ungeheuers Dräuen 
als Wasserspeier ist verstummt, 
er fröstelt unterm Raureifmantel, 
den ihm der frühe Morgen angelegt. 

 Kaum heben ihre Blicke spärliche Passanten, 
die noch den Nachtdunst auf den Stirnen tragen, 
wenn sie mit Vorsicht 
auf dem glänzend glatten Pflaster, 
auf dem ein Sturz mit Knochenbrüchen droht, 
zu ihren Arbeitsstätten hasten. 

Dann spielen den gewohnten Rot-grün Wechsel 
 ringsum die Ampeln und die Autos kreisen 
vorbei an Schaufenstern, Geschäftportalen, 
die noch im Weihnachtsschmucke glitzern. 
Ein fettes Bettelweib sucht erste Opfer, 
Und Duft von Röstkastanien weckt den Tag.

Samstag, 12. Mai 2007

Abstieg

Der Liebe feurig Brand hat sich verlagert, 

es knirscht der Kalk im Knie, wenn ich mich beuge. 
 Selbst meine Phantasie ist abgemagert, 
so dass ich nur mehr fromme Wünsche zeuge. 

Auf Nebenstraßen stauen rot sich Klumpen; 
den Zugang werden bald verstopft sie haben. 
Dann lässt ein schwarzes Männlein sich nicht lumpen 
 und spricht, wie gut ich war, der jetzt begraben! 

Doch ist das Spiel nur für den einen aus, 
denn für die andren geht es lustig weiter: 
man speist recht gut und trinkt beim Leichenschmaus 
aufs Wohl des Toten Erbschaft und ist heiter.

Ich bin nicht die Fülle

Bin ich der mir selbst nicht Gewisse, 

der sich noch im Zögern verhält, 
wenn der Tage schattende Risse 
schon der nächtliche Aussatz befällt? 

Vielleicht die genügsame Ziege, 
die lachende Kuh und ihr Käse, 
das schreiende Kind und die Wiege, 
im Vorhaus die Unzeitgemäße.
 
Die Schelle der Kappe des Narren, 
der plusternde Brand in den Steppen, 
des Verurteilten quietschender Karren, 
auf dem sie zur Richtstätt mich schleppen.
 
Ich bin nicht die Fülle, bin Leere, 
zur eignen Verleugnung erlesen. 
Und wenn ich zum Nichts mich verzehre,
so ist’s, als wär nie ich gewesen.

Herr? Warum nicht "Dame"?


Du, Herr, bist nur ein Postulat,
ein Maskenschädel,
der mit harten Balken
von johlend Massen wird beworfen.